Die Geschichte des Continentals 

Die Geschichte des Continentals von 1985 bis 1999

erinnert, erfragt und aufgeschrieben von Dr. Viola Hebeler

 

Der international gebräuchliche Name „Continental“ für die Europameisterschaft der Hütehunde ist die liebevolle Kurzform des sperrigen offiziellen Titels „Continental Sheepdog Championship“.  Lange vor dem Fall der Quarantäne wurde es als kontinentaler Gegenpart zum International Supreme Championship der Briten und Iren konzipiert. In der englischen „Amtssprache“, ohne die sich Handler und Zuschauer aus den vielen teilnehmenden Ländern nicht verständigen könnten, wurde es schlicht das „Continental“, und alle, die jemals da waren, nennen es so.

 

Die vermutlich wichtigsten Personen in der Geschichte des Continentals sind Jim Easton, der heutige Vorsitzende der International Sheepdog Society, und Odette Lieber, die Gründerin und langjährige Vorsitzende der Swiss Sheep Dog Society. Odette war Anfang der 80er aus beruflichen Gründen häufig in England. Sie war die erste Schweizerin, die Border Collies importierte. Sie war von der Hütearbeit fasziniert und regelmäßige Besucherin von Nationals und Internationals. Dabei kam sich auch in Kontakt mit Jim Easton aus Alnwick in Northumberland. Jim war zu dieser Zeit Farmmanager von 3 Farmen und betrieb seine eigene Charolais- und Texelherdbuchzucht im Nebenerwerb. Er arbeitete natürlich mit Border Collies und stellte schon damals seine wenige freie Zeit der International Sheepdog Society zur Verfügung, deren Chairman (Vorsitzender) er 1998 wurde. Jim besitzt grenzenlosen Idealismus. Zusammen mit Odette heckte er die Idee eines europäischen Wettbewerbes aus, der von Odette unter immensem persönlichem Einsatz in die Tat umgesetzt wurde. Jim nahm selbst an allen bisherigen Continentals teil. Er war bei allen Veranstaltungen bis 2001 der Course Director, wies mit nicht endender Geduld alle Organisatoren in die Feinheiten des gehobenen Triallings ein und ist seit 2001 Chairman (Vorsitzender) des CCSC. Bei unserem Continental 2008 macht er uns die Freude, nochmals als Course Director die Oberaufsicht über das technische Geschehen auf dem Trialfeld zu übernehmen.

 

Im Jahr 1985 war es soweit. Odette, die unterstützt von zwei Freundinnen sehr engagiert die Hütearbeit mit Border Collies in der Schweiz propagierte und im Jahr davor bereits das erste Hüteseminar veranstaltet hatte, organisierte die erste Europameisterschaft. Jim Easton war Richter, die ISDS war prominent vertreten durch ihren damaligen Vorsitzenden, Ray Ollerenshaw und ihren Geschäftsführer Philip Hendry.

Die Franzosen kamen mit einem starken Team, waren Border Collies in Frankreich doch bereits in den 80ern auf etlichen Bauernhöfen und Schäfereien vertreten. Gillian Hugo, eine Französin walisischen Ursprunges wurde die erste Europameisterin für Hütehunde,  was sehr passend schien in Anbetracht des überwiegend weiblichen Inputs von der Organisatorenseite. Thierry Spriet (ebenfalls F) wurde Vizemeister, aber auch die Holländer zeigten bereits, daß Holland schon über einige Erfahrung und gute Handler verfügte. Jaap Zuidewind belegte den dritten Platz, er verbesserte sich im folgenden Jahr auf den zweiten Platz und 1988 wurde er dann selbst Europameister.

Nach Originalberichten von Odette stammten die ‘85er Schafe aus Hütehaltung, die für den gleichzeitig stattfindenden, einer Koppelgebrauchshundeprüfung ähnlichen Interrace Prüfung sehr geeignet waren, beim eigentliche Trial aber zu vielen Disqualifikationen führten. Gillian, eine erfahrene Schafzüchterin, erwies sich den Schwierigkeiten als am besten gewachsen. Sie durfte ihren Namen auch als erste in den von Barbara Carpenter gestifteten Wanderpreis als „Best Lady Handler“  gravieren. Der originale Porzellanteller im Inneren des Zinnringes ging bei seinem 1997er Ausflug nach Schweden offenbar zu Bruch. Seitdem schmückt den Wanderpreis jedenfalls ein schwedischer gemalter Border Collie. Die dicht gedrängt eingravierten Namen von Hunden und ihren Besitzerinnen auf der Rückseite sind ein kleiner Rundgang durch die europäische Border Collie Geschichte, und ich bin sehr stolz, daß er auch schon einige Jahre lang an meiner Wohnzimmerwand gehangen hat. Am häufigsten aber findet sich natürlich auf dem Ladies Price Anne Krügers Name.

Für Deutschland ging bei der ersten Europameisterschaft Herbert Sehner mit seinem aus Großbritannien importierten Jaff an den Start. Herbert war nach Werner Kupka (dem Gründer der ABCD) der zweite Deutsche, der Border Collies importierte. Auf Werner Kupkas Betreiben wurden Border Collies überhaupt erst im Club für Britische Hütehunde eingetragen. Während Werner Kupka im CfBrH sehr aktiv war und auch als 1. Vorsitzender der ABCD organisatorisch tätig war, interessierte sich Herbert mehr für den praktischen Teil. Er setzte Border Collies an seiner Merinoherde ein und hatte den ersten rein arbeitsorientierten Zwinger in Deutschland. Aus seiner Zucht kommen viele bekannte Hunde: Lieselotte Awaters Berry, Claus Börners Snap und Anne Krügers Hope sind nur drei Beispiele, die ihrerseits wieder in vielen Pedigrees zu finden sind.

Von den Teilnehmern des ersten Continentals ist meines Wissens nach heute nur noch Ruedi Roth dabei, der im letzten Jahr wieder einmal eine Platzierung unter den ersten 10 erreichte und den wir mit Sicherheit auch in Wittbek wieder am Start begrüßen können. Ruedi wird sich sicher auch noch an Teilnehmer des ersten parallel stattfindenden Interrace Wettbewerbes erinnern, die bei den britischen Besuchern unauslöschlichen Eindruck machten. Insbesondere Herr Heinen, ein deutscher Hüteschäfer in traditioneller Kleidung mit seinem Deutschen Schäferhund und seiner Schäferschippe, mit der er Schafe und Hund bei Bedarf mit Erde bewarf, sowie die Berger de Pyrenee Hündin „Tosca“, die trotz „Pudelgröße“ das Interrace gewann, sind unvergessen.

 

In Frankreich beim zweiten Continental 1986 dominierten wieder die Franzosen und die Niederländer. Didier Gallaird gewann, Jaap Zuidewind wurde Zweiter, Frans Cramer Dritter. Deutschland war damals noch absolutes Entwicklungsland unter den „großen“ Nationen Frankreich und Holland. Als Richter fungierte der ehemalige Chairman der ISDS, Norman Seamark.

 

In Barneveld  1987 in Holland gingen dann insgesamt 28 Handler mit ihren Hunden aus der Schweiz, Frankreich, Holland, Deutschland und Österreich an den Start. In der ersten Zeit gab es praktisch für jeden, der einen Hund fortgeschritten führen konnte, einen Startplatz. Trials gab es in Deutschland vor 1990 noch gar nicht und eine Qualifikation für das deutsche Team wurde erstmals 1992 notwendig. Seitdem ist es zunehmend schwieriger geworden, einen der begehrten Teamplätze zu erreichen und der Standard steigt noch immer.

1987 starteten für Deutschland Herbert Sehner mit Jaff, Claus Börner mit Snap und Lieselotte Awater mit ihrem Berry, wie Snap auch ein Sohn von Jaff. Der österreichische Startplatz wurde interessanterweise von Andrew MacGregor eingenommen, einem nach Österreich und später nach Frankreich ausgewanderten Schotten. Andrew und seine Frau sind dem Continental treu geblieben und finden sich immer wieder mal unter den Zuschauern.  Gewonnen hat die 87er EM Jaap Zuidewind (NL) vor Ruedi Roth (Schweiz) und Jean-Louis Gerber (F).

 

1988 fand die erste Europameisterschaft in Herborn in Deutschland statt. Organisiert wurde sie nahezu im Alleingang von Werner Kupka, gerichtet wurde sie von Jim Easton. Auch bei dieser EM gab es noch den Interrace Wettbewerb, denn mit den wenigen Startern im britischen Parcours ließen sich zwei Tage noch nicht füllen. Das sollte sich erst 1990 ändern. Im Interrace in Herborn trat Gabriele Hopfensberger aus Süddeutschland erfolgreich an und erreichte den zweiten Platz. Das eigentliche Continental gewann Jean-Louis Gerber aus Frankreich, ein überaus begabter Handler, der die frühen Jahre mit prägte, aber entsetzlicherweise  1991 in noch jungen Jahren tödlich verunglückte. Johan de Jonge (NL) wurde 2., Hubert Bernard (F) Dritter. Für Deutschland starteten neben Herbert, Claus und Lieselotte noch Gabriele Hopfensberger und Ulrich Kriese, ein Schäfer aus dem Sauerland.

Die EM in Herborn gab der winzigen deutschen Border Collie Arbeitsszene einen wichtigen Schub. Werner Kupka beschloß, eine Arbeitsgemeinschaft von Besitzern arbeitender Border Collies zu gründem und er verfaßte einen Aufruf im „Unser Rassehund“. Zu der vermeintlichen Gründungsversammlung erschien außer ihm selbst, seiner Frau und den Sheltie-Züchtern Woltersdorf nur meine Wenigkeit. Also wurde der Plan aufgeschoben und im Frühjahr 1989 erfolgreich wiederbelegt. Zur Gründungsversammlung der ABCD (noch ohne e.V.) kamen dann schon über 20 Leute, und die ABCD ruhte von Anfang an auf mehreren Schultern, auch wenn Werner Kupka ganz selbstverständlich als erster Vorsitzender gewählt wurde.

 

1989 war das Continental wieder in der Schweiz zu Gast. In Emmental betrat eine neue deutsche Handlerin die internationale Bühne. Anne Krüger aus Deutschland ging mit ihrer Hündin Hope das erste Mal an den Start. Sie hat seitdem kein Continental mehr ausgelassen hat und wurde neben vielen anderen guten Plazierungen bereits einmal Zweite (2003) und einmal Dritte (2000).

1989 siegte wieder Jean-Louis Gerber (F) vor Didier Gaillard (F) und einem gewissen Tjitse Terpstra. Inzwischen ist Tjitse bereits zweifacher Europameister, beides mal wurde er es in Deutschland. Wir dürfen gespannt sein, ob es ihm in diesem Jahr ein drittes Mal gelingt. Richter war Ron Fitch aus England.

 

1990 in Frankreich sah den erfolgreichen ersten Start eines jungen holländischen Handlers, der zum erfolgreichsten kontinentalen Handler überhaupt aufsteigen sollte. Serge van der Zweep wurde zum Auftakt mit Ken gleich Dritter. Serge ist inzwischen dreifacher Europameister mit 3 verschiedenen Hunden und ist so gut wie immer im Finale und dann auf den vorderen Plätzen zu finden. Europameister 1990 wurde Hubert Bernard (F) mit Ulysse vor Ruedi Roth (Sw) mit Dave. Richter war R.C. Montgomery.

 

Im Jahr 1991 wurde das Continental erwachsen. Die Holländer unter Führung von Paul Andreoli organisierten in Leidschendam ein hochprofessionelles Spektakel. Eingeleitet und beendet von schottischen Dudelsackpfeifern sowie einem hochkarätigem Rahmenprogramm zog das 7. Continental über 5000 Zuschauer an. Es gingen 38 Handler aus 7 Nationen an den Start, von denen 12 sich für das Finale mit einem vergrößerten „Normalparcours“ qualifizieren konnten. Die Zahl von etwa 40 Startern blieb etliche Jahre gleich bis Mitte der Neunziger, als es mit den Schweden und Norwegern einen großen Zuwachs gab und mit der Vergrößerung bislang kleiner Teams und der Zulassung weiterer Länder bis zu den diesjährigen 88 Startern aufgestockt wurde.

In Holland dominierte Pascal Cacheux mit seinem stockhaarigen Droopy das Continental. Er gewann sowohl die Qualifikation als auch das Finale. Droopy arbeitete hevorragend und gefiel nicht nur dem Richter John Templeton, der in Droopy seine eigenen Zuchtlinien wiedererkannte. Johan de Jonge wurde mit Max Zweiter und Tjitse Terpstra mit Boy Dritter. Beste Deutsche wurde Anne Krüger mit Hope auf dem sechsten Platz, die nach der Quali noch auf dem zweiten Platz mit nur einem Punkt Rückstand hinter Pascal lag.

 

1992 waren wir in Deutschland wieder dran. In Wesel in fast direkter Nachbarschaft von Lieselotte und Albert Awater, die einen großen Teil an der Vorbereitung vor Ort leisteten, konnten wir auf einer riesigen Rheinwiese das zweite deutsche Continental veranstalten. Die Schafe stammten aus einer Hüteschäferei. Es waren Schwarzköpfe, die leider nicht eingearbeitet werden durften. So kamen alle Teilnehmer in den zweifelhaften Genuß, den Herdentrieb deutscher Schafe live miterleben zu dürfen. Glynn Jones, der Richter, traute offenbar den Teilnehmern nicht viel zu, denn er ließ den Outrun verkürzen. Leider führte das dazu, daß der Pfosten nunmehr in einem abgemähten Distelfeld lag, was tatsächlich zu Beschwerden einzelner Handler führte. Meine Hündin „Tjarka“, die mit mir und einigen Helfern zusammen die Schafe an beiden Tagen stellte, hat sich nicht beschwert. Damals war alles noch etwas anders als heutzutage. Ich wurde von Anne, die mit Claus die Leitung der Organisation hatte, dazu eingeteilt Schafe zu stellen und damit ich das auch ordentlich machte, mußte ich die ganze Saison vorher auch Schafe stellen. Beim Continental durfte doch nichts schief gehen. Von den Läufen habe ich daher nicht viel gesehen, aber geklappt hat alles einwandfrei. Erinnern kann ich mich daran, daß Serges Lynnn beim Quertreiben außer Sicht kam und die Schafe immer weiter bis in den Rhein trieb. Ich winkte verzweifelt (Walkie Talkies hatten wir noch nicht), damit der Hund zurückgerufen würde, und meine Hündin schwamm auf der anderen Seite der Schafe im Wasser, um sie vor dem Ertrinken  aufzuhalten. Da der Richter nichts von alledem sehen konnte und vielleicht meine Einwirkung bemängelte, bekam Serge einen Rerun und wurde letztendlich Vierter. Gewonnen hat das 92er Continental Tjitse Terpstra mit Boy. Tjitse wird jedem in Erinnerung bleiben, weil er der wohl temperamentvollste Handler am Pfosten war. Zweiter wurde Geert Reinders mit Gwynneth und Jo de Meyst (B) wurde Dritter mit seinem eleganten Rüden Moss. Besonderen Eindruck auf den Richter machte ein Franzose, der statt eines Crooks mit einem abgebrochenen Elektropin am Start war, und beim Shedding mit diesem stetig auf den Boden zwischen den Schafen schlug, bis sein Hund in der Lücke war.

 

1993 ging es wieder in die Schweiz, ins Wallis. Hierhin fuhr man durch imposante Berglandschaften, und  umso größer war das Erstaunen, als man zum Trialfeld kam. Es war ein ganz flaches Flughafengelände inmitten der Berge. Die Qualifikation litt sehr darunter, daß in der ersten Tageshälfte ein furchtbarer Wind direkt von vorn blies, und die Hunde so gut wie nichts hörten. Unvergessen wird Jo de Meyst bleiben, der versuchte, hinter dem Strohballen liegend, auf dem er eigentlich stehen sollte, die schreckliche Akustik zu überlisten. Leider gelang es ihm nicht. Im Laufe des Tages beruhigte sich der Wind, und es gab noch viele gute Läufe zu sehen. Gewinner der Quali war Pascal Cacheux mit seiner blue-merle Hündin Floue. Nach einer sehr guten Outfieldwork im Finale, gelang es ihm aber nicht zu shedden. Deutschland hatte 4 Teilnehmer im Finale, letztendlich landeten Claus Börner mit Sydney auf dem 4. Platz, Anne Krüger mit Hope auf dem 7., Anita Hermes auf dem 8. und Herbert Sehner auf dem 12. Platz. Verdienter Gewinner vor Kaj Lawson (DK) mit Lynnn wurde Serge van der Zweep mit seiner Lynn. Beide überboten sich als vorletzter und letzter Starter an Präzision, es war ein unglaublich spannendes Finale. Dritter wurde der Vorjahressieger Tjitse Terpstra mit Boy.

 

1994 wurde das Continental von den Franzosen veranstaltet. Es fand in Loches an der Loire statt. Die Gegend ist berühmt für ihre vielen Schlösser, und auch Loches hat ein hoch über der Loire gelegenes Schloß, in dem alle Teilnehmer zum Empfang und zum Galadinner geladen waren. Es war eine unvergessliche Atmosphäre.

Das Feld war groß, die Schafe gut, aber für die meisten Teilnehmer nicht zu pferchen, und bei diesem Continental gab es das erste Mal ein Double Gather im Finale. Es mußten zweimal 5 Schafe gebracht werden und beim Shedding wurden diese wieder in 5 und 5 geteilt, von denen ein Teil eingepfercht werden mußte. Durch den erschwerten Finalparcours war es sehr spannend anzusehen, und Teilnehmer und Zuschauer fieberten bei jedem Finalisten mit, insbesondere wenn die 2 Gruppen nach dem Shed wieder drohten zusammen zu laufen. Die Atmosphäre war unglaublich gut. Ein Teil des deutschen Teams hatte sich schon auf der Hinfahrt in Paris auf einen Kaffee und einen Blick auf Notre Dame getroffen und die Laune blieb blendend bis zur unvergessenen Nachfeier am Sonntag abend, auf der es zu ungewohnten Gesangseinlagen gestandener Handler kam. Insbesondere die Franzosen beeindruckten hier durch echtes Talent.

Vorher allerdings beeindruckten die Handler durch ganz anderes Talent. Die Qualifikation endete mit einem Doppelsieg des Belgiers Jo de Meyst mit Moss und Fly, das Finale mit einem Doppelsieg von Serge van der Zweep mit Ken und Lynn vor Claus Börner mit Sydney. Günther Piepenbrock mit seinem schottischen Joe und Anne Krüger mit ihrer jungen und beeindruckenden Hündin Jess hatten sich ebenfalls für das Finale qualifiziert. Die Anzahl der Finalteilnehmer war durch die stetig steigende Teilnehmerzahl 1994 übrigens erstmals auf 15 aufgestockt worden.

Ebenfalls unvergesslich wird für alle Anwesenden die Siegerehrung geblieben sein. Das Continental war nur ein landwirtschaftlicher Wettbewerb unter mehreren, und bei der Siegerehrung sahen und hörten wir, daß der Mähdrescherwettbewerb erstens noch nicht beendet war und zweitens irgendwie alle anderen Sieger und Plazierten einschließlich der Mähdrescherfahrer vor uns dran waren. Wir haben etwa 2 Stunden in der Sonne gestanden, wie üblich im Halbkreis aufgestellt, bis wir endlich unsere Sieger und Plazierten feiern konnten.

Für den Richter, Tim Flood aus Irland dürfte es auch eine neue Erfahrung gewesen sein.

 

Belgien hatte 1995 das erste Mal den Zuschlag für die Ausrichtung eines Continentals bekommen, und sie machten ihre Sache sehr gut. Als Richter war Johnny Wilson aus Schottland angereist. Bis 1999 wurde das Continental nur von einem Richter gerichtet. Er sah ein hochklassiges Trial an guten Schafen, die viele punkthohe Läufe ermöglichten. Das deutsche Team war bestens in Form. Zwar gewann Svend-Erik Pedersen mit Tjalfe die Qualifikation, aber bereits auf dem dritten Platz folgte Hans-Alfred Müller mit Bona. Ins Finale schafften es darüberhinaus noch Claus Börner mit Nick und Sydney und Anne Krüger mit Jane. Claus und Sydney bestätigten ihre konstante Form der letzten Jahre auf internationalem Niveau und wurden Vizeeuropameister, sehr zur Begeisterung von Teamkollegen und deutschem Fanclub.

Europameister in diesem Jahr wurde verdient mit 18 Punkten Vorsprung – wieder einmal Serge van der Zweep mit Lynn.

 

Auch 1996 war eine Premiere, das erste Continental in Dänemark. Mitten im Kongenshus Mindepark, einem Naturschutzgebiet mit ursprünglichem Bewuchs aus Heidekraut und Wacholder lag das Trialfeld. Es war landschaftlich wunderschön. Die Dänen hatten nicht die Helferzahl, um eine so große Veranstaltung wie in Holland oder Belgien auf die Beine zu stellen, aber was die Atmosphäre und Gastfreundlichkeit sowie den sportlichem Wert betrag, brauchten sie sich nicht zu verstecken. Richter war Alan Jones aus Wales. Er sah eine Qualifikation, die viele Handler erschütterte. Vermutlich abgelenkt durch Bodenunebenheiten und das hohe Heidekraut hörten die Hunde sehr schlecht zu und brachten die Schafe viel zu schnell und meist off line den Fetch hinunter. Viele „gesetzte“ Favoriten schafften es nicht ins Finale. Die Qualifikation gewann wieder einmal Jo de Meyst mit Moss, mir gelang es mit Paco den zweiten Platz zu erreichen. Vom deutschen Team schaffte es nur noch Anne mit ihrer selbst gezogenen Jane ins Finale, Claus‘ Sydney konnte seine ansteigenden EM-Plätze nicht mehr bis auf den Gipfel verbessern, sondern mußte seinem Sohn Paco tatenlos zusehen.

1996 sah auch zum ersten Mal Teilnehmer aus Schweden und Norwegen, da die Quarantäne Richtlinien gelockert worden waren. In Schweden und Norwegen gab es schon sehr lange Border Collies und der Standard sollte sehr hoch sein. Die Schafhaltung in beiden Ländern ähnelt der in Großbritannien, weshalb der Border Collie der ideale Hund ist. Die nordischen Teilnehmer, unter ihnen auch ein gewisser Jaran Knive, führten sich gleich richtig ein. 3 Schweden und ein Norweger qualifizierten sich auf Anhieb für das Finale. Ake Wärja (S) mit Tim wurde Vizeeuropameister, hinter Ron Rogaar (NL) mit Spot und vor der hochschwangeren, dadurch aber nicht beeinträchtigten Mette Bögedal (DK) und Bonnie.

 

1997 erlebten Teilnehmer und Zuschauer ein organisatorisches Highlight. Das holländische Marienwaerdt war Gastgeber des Continentals im Rahmen einer großen Country Fair. Über 10.000 Zuschauer kamen, und die auf über 60 angewachsene Teilnehmerschar hatte sogar eine kleine Tribüne zum Zusehen. Gerichtet wurde das Continental von Thomas Longton. Das Feld war groß genug und von Bäumen eingefaßt, eine idyllische Perspektive. 1997 erwies sich als ein gutes Jahr für Deutschland, wir hatten mit Anne und ihrem Laddie, Gisela Norrman mit Leslie, Anita Hermes mit Fleece und mir mit Paco 4 Starter im Finale, Annes Jane war punktgleich mit dem 15.  nur durch einen geringfügig schlechteren Outrun, Lift und Fetch auf dem undankbaren 16. Platz gelandet. Sie half damit aber auch mit, daß wir letztendlich Mannschafteuropameister wurden.

Jaran Knive (N) bewies gleich, daß er nicht nur aufgrund des olympischen Gedankens gekommen war. Er gewann die Qualifikation mit Jill vor Hakan Hägglund (S) mit Meg und dem Continental Urgestein Philippe Heintz aus Frankreich. Ich lieferte den Lacher der Veranstaltung, als mich Paco beim Single gnadenlos von den Füßen holte, weil ich dummerweise in seinem Weg stand. Hilflos auf dem Gras  liegend beobachtete ich, wie mein Hund das Schaf wegtrieb. Der Richter fiel fast vom Stuhl vor Lachen, gab Paco aber volle 10 Punkte.

In diesem Jahr war das Finale erstmals mit zweimal 10 Schafen bestückt, von denen 5 Schafen Halsbänder trugen, die im Shed sortiert werden mußten. Nach 12 Jahren Continental war der Anspruch also fast so hoch wie beim International, nur die Abmessungen der beiden Outruns blieben noch einige Jahre kürzer. Sieger der Veranstaltung wurde Marc Morren (B) mit Jill vor Anja Holgersson (S) mit Jas und Jaran Knive (N) mit seiner Jill. Anne wurde mit Laddie bei seinem ersten EM-Start auf Anhieb 8.. Mir gelang es trotz schlechter Outfieldwork, die 5 markierten Schafe zu shedden und einzupferchen, was insgesamt nur 3 Handler schafften. Nach so einem großen Parcours mit so vielen Schwierigkeiten die Tür hinter diesen 5 Schafen zuzumachen ist ein unbeschreibliches Gefühl.

 

Im Jahr 1998 fand das Continental das erste Mal in Österreich statt. Wer weiß, wie wenige große Schafherden und EM-fähige Felder es in Österreich gibt, weiß mit welchen Schwierigkeiten die österreichischen Organisatoren zu kämpfen hatten. Das Feld bestand aus mehreren, durch Gräben unterteilte Einzelstücken. Die Gräben waren mit viel Mühe durch Strohballen und Paletten abgedeckt. Die Schafe waren Milchschafe, die gut liefen, aber vor den Gräben Schwierigkeiten machten. Richter war Peter Hetherington.

In Österreich zeigten die Norweger das erste Mal ihre ganze Stärke, sie brachten 5 Starter ins Finale. Es wurde zu Jon Sands Wochenende. Er gewann mit dem einen Hund (Glen) die Qualifikation und mit dem anderen (Mac) das Finale. Jaran Knive (N) wurde Zweiter der Quali, Anja Holgersson (S) Dritte. Im Finale zeigten aber auch die erfahrenen Handler der anderen Länder ihre Klasse, Tjitse Terpstra (NL) mit Dan hatte einen sehr spannenden Lauf. Es wollte und wollte ihm nicht gelingen, beim Shed die 5 markierten Schafe im Ring zu behalten. Erst im 5. Anlauf schaffte er es und mit 10 Sekunden Restzeit warf er unter großem Applaus die Pferchtür zu und wurde Zweiter. Patrick Le Roux (F) mit Iolita belegte den 3. Platz. Louise Liebenberg (NL) sicherte sich mit dem vierten Platz die Best Lady Handler Trophy und Serge van der Zweep (NL) wurde Fünfter.

 

1999 war es wieder soweit. Die ABCD mußte das dritte deutsche Continental organisieren. Ein gutes Feld zu fanden wir in Heimburg im Harz, Heimat des Schäfers Matthias Schüler, der schon einige Trials mit uns organisiert hatte. Das Feld war ein Traum, über 1 km lang und über 600 m breit, leicht ansteigend, von Wald umgeben, einen kleinen Fluß zum Hundebaden zur Linken und eine Burgruine auf dem Berg im Hintergrund. Von diesem Feld schwärmen viele internationale Teilnehmer noch heute. Die Hauptlast der Vorbereitung trugen wohl Horst Ludwig, Doris Brand, Claus Börner und ich, aber die Mithilfe so vieler Mitglieder während der Veranstaltung war fantastisch. Wolfgang Steffan kam eine Woche vorher und arbeitete die Schafe ein, er war auch mit seinem Team fürs Schafe stellen verantwortlich. Gisela Norrman kommentierte die ganze Veranstaltung – jedenfalls, immer wenn der Generator Strom lieferte. Weder Zuschauer noch Teilnehmer bekamen die ganzen kleinen Katastrophen mit, aber die Verantwortlichen waren hinterher um etliche graue Haare reicher. Im Gedächtnis geblieben ist mir, daß der Amtstierarzt 4 Wochen vor dem Continental die Schafe aus abstrusem Grund sperrte. Meine Telefonrechnung stieg in ungeahnte Höhen, aber letztendlich mußten wir trotz des inzwischen erwiesenen Unsinns der Sperre noch eine zweite Herde finden. Dann hatte unser Traumfeld leider überhaupt keine Infrastruktur. Wasser mußte über 600 m verlegt werden, Strom durch einen vom THW geliehenen riesigen Generator produziert werden. Da wir keine Mitgliederbasis vor Ort hatten, wurde der nächstgelegene Baumarkt an uns reich. Die Caterer hatten ihre eigene Vorstellung von Pünktlichkeit und der Menge des zu servierenden Essens, aber das fiel uns wohl mehr auf als den Teilnehmern. Jedenfalls war die Stimmung excellent, und das Fest am Freitag abend ging in die Geschichte des Continentals ein. So fröhlich und ausgelassen hat man die doch eher ernste Border Collie Gemeinschaft selten gesehen, und es endete erst im Morgengrauen.

Sportlich gesehen war es ein sehr schönes, aber auch sehr anspruchsvolles Trial. Die Schafe waren Schwarzkopf-Merino-Mischlinge, die nicht leicht zu bewegen waren und an denen so mancher Hund scheiterte. Die Qualifikation gewann Per Obling (DK) mit Sandie vor Paul Wellemann mit seinem jungen Upjack, der erste aus einer ganzen Reihe erfolgreicher Söhne seines Robs, und der sympathischen Finnin Annika Paarvio. Annika, Severi Hirvonen und Juha Moisander gebührt ohnehin ein Orden, weil sie seit Jahr und Tag nichtachtend der manchmal fast eine Woche dauernden Anreise aus Finnland regelmäßig beim Continental teilnehmen und es durch ihre immer faire und sportliche Einstellung bereichern. Von den Deutschen gelang Horst Ludwig der Sprung auf den 5. Platz der Qualifikation und Anne Krüger konnte ihre beiden Hunde Laddi und Jane qualifizieren.

Das Finale war ein veritabler Krimi. Alle Hunde zeigten gute Outruns auf dem offenen Feld, aber es hatten doch einige Schwierigkeiten mit 20 schweren Schafen auf dem langen Drive nach der großen Outfieldwork. Die wahre Schwierigkeit kam dann aber erst beim Shed. Die Schafe hatten sehr viel Zug zum Ruhepferch und insbesondere die Merinolastigen unter ihnen sprangen einfach über die Hunde hinweg. Wer von den Finalteilnehmern solche Schafe mit Halsbändern hatte, war arm dran und mußte häufig wieder von vorn mit dem Shed anfangen. Auch dies eine Erfahrung, warum es so wichtig ist, Schafe gut einzuarbeiten überdurchschnittlich schwierige Schafe auszusondern, damit man Chancengleichheit für alle garantieren kann. Besonders spektakuläre Einlagen kamen von Serge van der Zweeps Lynn, die ihre Schafe teils in der Luft aufhielt, aber einmal auch übersprungen wurde. Tjitse Terpstra (NL) kämpfte in gewohnter Manier, half seinem Hund wo immer möglich und wurde mit dem Sieg und Europameistertitel belohnt. Serge wurde Zweiter und der 97er Champion Marc Morren wurde mit seiner Jill Dritter. Diese drei und Anja Holgersson (S) mit Jas auf dem vierten Platz waren die einzigen, die den Parcours beendeten. Anne Krüger mit Jane und Horst Ludwig mit Roy belegten hervorragende 8. und 9. Plätze.

1999 wurde die Entscheidung des Continental Committees von nun ab zwei Richter einzuladen, das erste Mal umgesetzt. Die Entscheidung, die Richter unabhängig voneinander richten zu lassen, war hingegen ein Fehler. Die Punkte wichen doch teilweise erheblich voneinander ab, was sich durch Kommunikation zwischen den Richtern hätte vermeiden lassen. Außerdem ist eine Diskussion unter Richtern gerade bei zweifelhaften Situationen sehr von Vorteil. Daher wurde dieses Konzept nach kurzer Zeit fallengelassen und seit etlichen Jahren richten immer beide Richter gemeinsam.

 

Das war der erste Teil der Continental Geschichte. Der zweite Teil, unter anderem mit dem unvergesslichen Lauf von Anne und Lannox zum dritten Platz im Jahr 2000 und anderen Highlights folgt. Jetzt ist es erstmal an jedem Einzelnen, nach Wittbek zu fahren und selbst etwas zur Geschichte beizutragen.

 

Wie ist das Continental eigentlich organisiert?

 

Das Continental ist eine Ko-produktion der Vertreter aller teilnehmenden Länder. Offizieller Veranstalter ist daher das Organising Committee for the Continental Sheepdog Championship (CCSC). Jedes Land wird durch einen Verein vertreteten, der wiederum einen Vertreter in das Komitee entsendet. Deutschland wird im CCSC von der ABCD repräsentiert.

Die tatsächliche, technische Organisation des Continentals wird in einer festgelegten Reihenfolge an die verschiedenen Länder vergeben. Das CCSC ist das Entscheidungsgremium für alles, was mit dem Continental zusammenhängt. Es entscheidet beispielsweise über Neuaufnahmen und über Größe der nationalen Teams. Das CCSC besteht seit 1989, es hat ein umfangreiches Regelwerk für das Continental erarbeitet und trifft sich mindestens einmal im Jahr. In der Zwischenzeit geschieht die Kommunikation über eine E-Mail Liste, eine technische Neuerung, die die Kommunikation entscheidend verbessert hat.

 

Die letztendliche Entscheidungsgewalt auf dem Parcours hat das Trialkomitee des Continentals. Es setzt sich immer aus dem Vorsitzenden des ausrichtenden Vereines, dem des letztjährigen Veranstalters und dem Chairman des CCSC zusammen.

 

 

Rolle der ISDS:

Die ISDS ist mit der Geschichte des Continentals untrennbar verbunden. War der Beginn zwar auf den persönlichen Einsatz von Jim Easton zurückzuführen, so war die ISDS auch als Organisation in allen Jahren unterstützend tätig. Die ISDS stellte die Richter, ihr Hauptsponsor übernahm viele Jahre lang deren Flug- und Unterbringungskosten, und ihr Geschäftsführer, Philip Hendry, war als Chairman des CCSC unverzichtbar. Ohne die fachliche Unterstützung der ISDS wäre der Standard, den wir heute haben, undenkbar. Von den ersten Europameisterschaften auf für heutige Verhältnisse anfängermäßigen Parcours bis zu den seit 1997 üblichen Finalparcours mit Double Gather und großem International Shed ist es ein weiter Weg gewesen.